Thema: Ehemann mit Alexithymie - besteht Hoffnung auf Heilung?

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Ehemann mit Alexithymie - besteht Hoffnung auf Heilung?
06.06.2017 von Milla

Hallo Zusammen

Mein Mann hat eine extrem starke Alexithymie. Er ist seit einem Jahr bei einem Psychologen in Behandlung aber ich sehe bis jetzt keine Veränderung.
Ich leide schon viele Jahre sehr unter der Gefühlskälte von meinem Mann und ich habe ihn aber schon früh gebeten daran zu arbeiten als ich merkte, dass es unsere Ehe kaputtzumachen droht. Seit wir Kinder haben ist es auch noch viel einschneidender geworden, da ich noch mehr spüre wie er es nicht einmal schafft den Kindern Liebe zu zeigen oder auf sie emotional einzugehen.

Mein Mann hat mich in der Vergangenheit so oft verletzt und komplett allein gelassen. Ein paar Beispiele: Bei einem akuten und lebensbedrohlichen Herzproblem hat er es nicht nötig gefunden zu mir ins Spital zu kommen (Begründung: ich sei ja schon bei den Ärzten und dementsprechend aufgehoben (das Spital lag 5 Autominuten von unserer Wohnung entfernt)). Auch bei den leider sehr komplikationsreichen Schwangerschaften (inklusive Bandscheibenvorfall) hatte ich Null Unterstützung von ihm. Obwohl er damals gerade arbeitslos war hat er kein einziges Mal für mich gekocht (Begründung: er hätte zu wenig Zeit gehabt sich darauf vorzubereiten). Oder bei der Rückkehr aus dem Spital nach einem Kaiserschnitt hat er mich gefragt was es zu essen gibt und ich musste unter Höllenschmerzen an den Herd stehen und kochen, damit das ältere Kind etwas zu essen bekam, weil er vergass ihr am Vormittag etwas zu essen zu geben. Auch bei der Wohnungssuche war es überhaupt nicht behilflich - er hat das Haus nicht einmal angeschaut, bevor ich/wir es kauften (Begründung: er vertraue mit zu 100%). Auch im Umgang mit den Kindern ist er sehr lieblos - er macht ihnen weh, weil er sie falsch anfasst und entschuldigt sich dann nicht einmal bei ihnen, wenn sie weinen. Er sagt dann nur, dass er nicht gewusst hätte, dass das dem Kind weh machen könnte. Wenn ein Kind weint, weil es sich von ihm komplett unverstanden fühlt, dann ignoriert er es einfach und macht mit seinem Programm weiter. Am Geburtstag vom Sohn geht er lieber mit seinen Kollegen Bier trinken und hat auch am Tag danach nicht das Gefühl, dass er vielleicht doch noch einmal seinem Sohn gratulieren könnte. Er zeigt nie, dass er auf die Kinder stolz ist. Er macht sich auch nie Sorgen um die Kinder, weder wenn sie krank sind noch, wenn sie etwas sehr Gefährliches machen wollen. Er hat praktisch kein Gefahrenbewusstsein und sieht auch zB. im Strassenverkehr heikle Situationen nicht im Voraus.

Auch sich selbst vergisst er total. Er arbeitet seinen Job ab und versucht erst gar nicht sich selbst kennenzulernen - seine Talente, Freuden, Passion etc. Er ist komplett emotionslos und lässt alles schleifen. Auch Hobbies hat er praktisch keine - ausser Ausdauersport, den er für sich alleine macht. Er verspürt allgemein kein Interesse an der Umwelt/oder nur schon für sich selbst - nicht für Ferien, nicht für Träume, nicht für Hobbies, nicht für Autos, nicht für Garten, Kindererziehung, nicht für Kulturelles, nicht für mich oder die Kinder, er interessiert sich für nichts.

Es entsetzt mich wie er durchs Leben geht. Mit seiner Antriebslosigkeit und Gefühlskälte bringt er die ganze Familie ins wanken. Ich kann das nicht mehr lange aushalten und die Pufferzone für uns alle spielen. Vor zwei Jahren fingen meine Gefühle für ihn an zu verschwinden. Momentan spüre ich absolut gar keine Liebe mehr für ihn - nur noch Wut (weil er nicht an sich arbeitet) und Trauer (über die von Sorgen überschattete Familie).

Schon viele Male stellte ich mir die Frage: soll ich mich trennen oder besteht Hoffnung? Ich habe sogar mit ihm darüber gesprochen und er meinte darauf nur "eine Scheidung kommt nicht in Frage." - damit ist für ihn das Problem erledigt und er hat auch nie mehr das Gefühl gehabt mit mir darüber reden zu müssen. Der einzige Grund warum ich noch mit ihm unter einem Dach wohne, sind die Kinder. Ich strebe so sehr nach einer intakten Familie, so dass ich nicht so schnell aufgeben wollte. Langsam aber sicher geht es mir an die Substanz und ich merke wie er mir und den Kinder nicht gut bekommt.

Hat jemand Erfahrung mit einem Ehemann mit extremer Alexithymie, die sich drastisch verbessert hat, so dass man eine Scheidung hat abwenden können? Wie hoch stehen die Heilungschancen? Was für eine Therapie könnt Ihr mir empfehlen?

Hallo Milla !
25.09.2017 von Hummel22

Bist du hier noch in diesem Forum unterwegs ? Dann würde ich dir mal antworten, denn ich bin seit 12 Jahren in der gleichen Situation. Es ist ausweglos meiner Meinung nach, aber dazu mehr, wenn es auch gelesen wird. LG

Hallo Milla !
25.09.2017 von Hummel22

Bist du hier noch in diesem Forum unterwegs ? Dann würde ich dir mal antworten, denn ich bin seit 12 Jahren in der gleichen Situation. Es ist ausweglos meiner Meinung nach, aber dazu mehr, wenn es auch gelesen wird. LG

Hallo Hummel
26.09.2017 von Milla

Danke für Deine Nachricht. Tut mir leid zu hören, dass es Dir leider gleich ergeht.

Nach zu vielen schmerzhaften Verletzungen bin ich zum reiflich überlegten Schluss gekommen, dass eine Scheidung für alle Beteiligten die beste Lösung ist.
Ich kann und will mit einem solch verletzenden Menschen nicht mehr mein Leben teilen. Auch die Kinder bekommen es immer mehr und mehr zu spüren und das kann ich nicht länger ertragen.

Hast Du Kinder? Wie lange seid Ihr verheiratet?

Dito
03.10.2017 von Sadness

Hallo ihr beiden,
mir ergeht es mit meinem Partner genauso.
Derzeit erlebe ich meine erste Schwangerschaft völlig alleine mit einem gefühlskalten Partner. Meine Kleine kommt in spätestens 4 Wochen zur Welt und er macht sich keine Gedanken um mich noch über die Geburt. Diese sei ja mit einer Prüfung für die Uni vergleichbar und bestimmt nicht weiter schlimm.
Er lässt mich ständig alleine, zieht Fitnessstudio und Computerspiele mit Freunden meiner Gesellschaft vor. Wenn ich weine und reden möchte, kommen nur gefühlskalte Antworten.
Ich weiß jedoch, er macht das nicht böswillig. Es ist seine Krankheit, die man vielleicht auch als Asperger bezeichnen kann.
Ich kann jedoch nicht mehr und brauche Kraft für die kommende Geburt.
Und es bleibt noch das Fünkchen Hoffnung, dass sich in ihm etwas regt, wenn er seine Tochter zu Gesicht bekommt.
Milla, was sagt er zu deinem Scheidungsvorschlag aktuell?

@Sadness
04.10.2017 von Milla

Ich verstehe Dich sehr gut!
Die schlechten Schwangerschaften und vor allem die nachfolgende, strenge Elternzeit hatten mir besonders zugesetzt. Das ist nämlich genau die Zeit, in welcher man am allermeisten seinen Partner als Stütze braucht. Wenn man da ständig das Gefühl hat allein zu sein, trotz Partner, verliert man ihn leider irgendwann aus dem Herzen.
Ich wusste, dass es mein Mann nicht böswillig macht - er ist einfach so. Aber dennoch hält das niemand aus ständig verletzt und im Stich gelassen zu werden.

Es hat bei mir jetzt doch ein paar Jahre gedauert, bis ich realisiert habe, dass das kein Dauerzustand sein kann und ich trotz der noch sehr kleinen Kinder den traurigen Entschluss fassen muss.

Jetzt sehe ich auch immer mehr, dass er die Kinder anfängt zu verletzen, nicht auf sie eingeht und nicht mit ihnen spricht. Sie sagen es ihm nun auch schon ganz direkt, dass er nicht lieb zu ihnen ist und er doch bitte antworten soll. Das stimmt mich umso mehr traurig... Umso mehr bekräftigt es meinen Entscheid, den ich ihm in 2 Wochen mitteilen werde. Ich musste erst schauen, dass die Kinder stabiler werden. Grad nach den Sommerferien war alles neu für sie (überall neue Kinder und Gruppen, wo sie sich erst zurechtfinden und orientieren müssen).

Im Nachhinein würde ich nicht mehr so lange warten. Ich hätte lieber grad nach der ersten Geburt den Entscheid fassen sollen. Da war mein erstes Kind noch klein und hätte nicht viel von der Scheidung mitbekommen. Aber ich hatte einfach immer die Hoffnung, dass wir es gemeinsam doch noch schaffen und er sich einfach erst an die neue Situation gewöhnen muss als frischgebackener Vater.
Besser wäre es allerdings gewesen noch vor den Schwangerschaften sich zu trennen. Allerdings kamen seine negativen Seiten erst mit den schweren Schwangerschaften und Geburten hervor. Erst dann begriff ich wie sehr er mich im Stich lässt und nicht auf mich und später auch auf die Kinder eingehen kann. Erst mit der Zeit hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass er absolut gefühlsblind ist.

Ich kann Dir ein Buch sehr empfehlen: Thomas Meyer - Trennt Euch! Erst als ich es gelesen hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich wusste sofort was zu tun ist. Ein Sprichwort von diesem Schriftsteller lautet: "Die Hoffnung stirbt deshalb zuletzt, weil sie sogar die Dummheit überlebt". Ich fühle mich im Nachhinein wirklich manchmal auch etwas dumm. Dumm, weil ich nicht auf meinen Bauch gehört habe als er mir wichtige Hinweise gab, dumm, dass ich so lange Hoffnung hatte, dumm, weil ich mich nicht frühzeitig gewehrt hatte und so viele Verletzungen zugelassen habe. Ich hatte unglaublich lange die Hoffnung, dass es doch noch gut wird und bin mit meinem Mann intensiv in Therapie gegangen. Auch der Psychologe ist bei ihm sehr ratlos und kommt keinen Millimeter weiter. Für mich ist der Fall sehr klar. Er wird immer so bleiben und wenn ich eine schönere Partnerschaft wünsche, dann bin ich die es, die nun die Scheidung veranlassen muss.

Hast Du denn auch schon Therapien mit ihm gemacht?

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