Thema: Hat ein Alexi ein Gefühl für die Vergangenheit?

Deutsches Alexithymie Forum > Betroffene und Angehörige

Hat ein Alexi ein Gefühl für die Vergangenheit?
13.06.2018 von ben1409

Hallo,

ich bin hier, weil ich vor Kurzem feststellen musste, dass meine (Ex) Partnerin Alexithym ist.

Ich lernte Sie in einem Datingportal kennen und wir entschieden nach einigen Mails uns zu treffen. Ich kam aus einer schmerzhaften Beziehung und war eigentlich noch gar nicht bereit für eine neue Beziehung.

Wir trafen uns und schon da fiel mir auf, dass ich am Ende des Abends keine wirkliche Regung oder Signale der Zuneigung erhielt. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, Musik, Beruf, Politik, .. alles und es war sehr anregend eine Person zu sprechen, die sich so gut ausdrücken und analysieren konnte. Nur Emotionen waren nicht zu erkennen, also war ich mir sicher, dass wir uns gut unterhalten können, aber mehr leider nicht drin ist.
Als ich das offen aussprach, war sie total überrascht und fragte wie ich darauf kommen würde. Ich war überrascht, dass sie anscheinend doch etwas bei dem Treffen empfand.
Wir verabredeten uns erneut und sie war sehr sehr gut mich auszufragen. Ich fühlte mich fast durchleuchtet und ich gab bereitwillig Antworten zu meinen Gefühlen über Beziehung, Sex und Leidenschaft für Dinge.
Sie mochte Dominanz und die gab ich ihr, denn ich betrachtete es als ein Spielart. Solange ich ansagte was passieren sollte, haben wir es so gemacht. Aus einem Treffen, wurde ein Wochenende und kaum war sie weg, kam eine Email, dass sie gerne wiederkommen würde. Sie schlich sich in mein Leben und ich war froh jemanden zu treffen, der sehr ruhig und sachlich blieb.

Die Probleme fingen an, als der Wunsch nach einem Gefühl von ihr entstand. Ich fragte was sie denn gerne machen möchte, aber ich bekam immer nur zur Antwort ".. was willst du denn machen?". Oder auf die Frage was sie gerade denkt und ob sie mit mir glücklich ist. Ich hatte ja keine Signale von ihr. In solchen Momenten, sah ich eher Panik in ihren Augen und das machte mich natürlich nervös. Eine Unsicherheit ergab die andere, denn gerade beim Sex wurde mir mehr und mehr klar, dass ich eigentlich kein Feedback erhalte. Es wirkte mechanisch und genau das wollte ich nicht. Kam es zu diesem Thema, fragte sie was ich denn wollte. Ich wollte wissen was sie den wollte.
Meine Worte "das ich sie liebe" wurden aufgenommen, aber eine gegenseitige Bekundung blieb aus. Ich wollte niemand dazu zwingen, also ließ ich es nach diesen Dingen zu fragen, aber es entsprach eigentlich nicht meiner Natur.
Wenn wir zusammen waren, dann haben wir enorm viel unternommen und wir konnten wirklich stundenlang reden. Hoch spannend und immer mit viel Humor. Es stimmte aber etwas nicht, denn nur wenn ich die Themen vorgab, die Emotion reinbrachte, stieg sie ein. Sie lachte wenn ich lachte, entwickelte Ideen wenn ich das tat. Ich spürte, dass sie wie eine Art Kopie von mir ist. Als ich das ansprach, wurde sie sehr kühl, fast ablehnend.
Hier entstand wohl der Bruch, jedenfalls entdeckte ich, dass sie sich wieder im Portal angemeldet hat. Auf die Frage warum, konnte sie nur sagen, dass sie glaube "eine offene Beziehung" könnte doch auch was für uns sein.
Ich war gekränkt, denn ich hätte mich durchaus diesem Thema gewidmet, aber sie hat es einfach selbst beschlossen.
In Panik vor einem Kurzschluß meinerseits, löschte sie das Profil, auch weil ich wahrscheinlich gefragt hätte mit wem sie denn da schon schreibt und vorallem was.
Wieder vergingen einige Monate und egal wo wir auftauchten, wurden wir als ideales Paar gesehen, weil wir so humorvoll und aufmerksam miteinander umgingen. Zuhause allerdings, kam es zum erliegen bzw. wenn ich dominant auf sie zuging, dann hatten wir Sex, aber wenn ich Andeutungen machte, dass ich mir wünschte sie würde mir mal zeigen das mich begehrt, war es sofort aus.
Im Urlaub schauten wir auf ein Paar auf einer Bank. Beide schauten in unterschiedliche Richtungen und hatten sich nichts zu sagen. Im Scherz sagte ich, "schau... wir können selbst nach Jahren noch jeden Abend lustige Gespräche führen und interessante zugleich. Fehlt eigentlich nur, dass wir mal wild übereinander herfallen"
Und da passierte es. Sie sagte auf einmal ganz nüchtern "das sie wieder in dem Portal ist" und das es doch Sinn macht eine "offene" Beziehung zu haben, auch für mich. Ich könnte mir ja was suchen und sie könnte es auch tun und wir könnten ja trotzdem zusammenbleiben.
Ein Kopfnuss ist nix dagegen, da es so völlig emotionslos gesagt wurde, dabei haben wir 5 Minuten vorher noch in den Armen gelegen. Die restlichen Tage waren schrecklich, denn wenn immer ich versuchte meine Wut und Frust abzuschalten und zu fragen wieso sie darauf kommt, dass dieser Weg doch der richtige ist, anstatt darüber nachzudenken, warum sie nichts fühlt. Verklausuliert antwortete sie wie ein Berater, nicht wie ein Partner. Meine Tränen der Trauer, waren für sie verstörend.
Ich sagte, wenn es das ist was sie braucht, dann müsste sie wohl gehen um rauszufinden was sie für mich fühlt.
Nach der Rückkehr ging sie. Liess vieles bei mir und zog weg.
Der Kontakt brach nicht ab und auch wenn es mir wehtat, antwortete ich auf ihre Fragen wie es mir geht per Messenger. Nach einigen Monaten, bekam ich eine Nachricht, dass wir uns wieder sehen sollten, wieder Dinge gemeinsam unternehmen sollten. Ich dachte.. wow... ist das ein emotionales Zugeständnis? Sie erzählte dass sie eine Therapie machen will.
Wir trafen uns und natürlich war ich froh, aber die fehlende Empathie blieb. SIe konnte Gefühle nachspielen, adaptieren, sie konnte Gefühle anderer gut beschreiben und auch sensibel betrachten, aber ging es um sie, fielen mir die Muster auf. Auf die Frage, ob sie mir irgendwann wohl mal sagen könnte ob sie mich vermisst oder liebt, kam "habe ich noch nie gemacht" ... ich sagte "Stimmt, aber meinst du es könnte passieren?" .. Stille.

Mit den weiteren Monaten der Fernbeziehung, wurde mir klar, dass sie in der anderen Stadt etwas macht, was mir sicher nicht gefallen würde, sie wurde extrem.. wollte Dominanz auch in körperlicher Form, ihr Körper veränderte sich. Ich wußte, dass sie Sex mit vielen Männern hat und sie sagte, das sie nur die köperliche Seite interessieren würde.
Für mich nicht länger haltbar, denn es war ein Zwiespalt in dem ich lebte.
Eine Frau, die in meinen Armen lag und sich mit Armen und Beinen um mich klammerte und viel redete und die Frau die sich nicht anrief und keine netten Nachrichten schreiben konnte.

Ich stellte 3 Fragen:
1. Machst du eigentlich die Therapie.
Antwort: Nein, ich war zwar da, aber es frustriert mich nur, denn ich habe ja eigentlich kein Problem und nur seine Fragen zu beantworten gibt mir nichts.
2. Was bin ich für dich? Partner oder Freund?
Sie ahnte wohin es geht und begann sofort zu verklausulieren.
3. Willst du das so weitermachen mit den seelenlosen Sex?
Antwort: hey, ich habe da gerade einiges am Laufen, das möchte ich so weitermachen, aber hey.. im Alter wird das sicher weniger und dann haben wir doch uns.

Als ich Luft holte um diese völlig unsensiblen Antworten zu verdauen und vorallem den Ton mit dem sie es sagte, wurde sie nervös. "Willst du jetzt Schluß machen?"
Ich sagte, dass sie mit der Beantwortung meiner Fragen ja eine klare Entscheidung getroffen hat. Gegen mich, gegen Gefühle und gegen eine Zukunft. Ich würde sie nicht erkennen und wüsste nicht mit wem ich da eigentlich reden würde. Anstatt in diesem Augenblick zu erkennen wie sehr es mich traf, kicherte sie verlegen. Eine echte Übersprungshandlung. Es machte mich wütend, aber ich blieb ruhig und erklärte, dass sie unter diesen Umständen bitte umgehend ihre Sachen holt. Wie ein Servicedienstleister nahm sie auf was abgeholt werden müsste und wann es geschehen sollte. Keine Regung, kein Tränen, keine Empathie.

Nun in 2 Tagen holt sie alles ab. Sie koordiniert das ganze mit meiner besten Freundin, da ich derzeit nicht mit ihr reden möchte. Sie will eigentlich nichts abholen, sondern fragt ob es nicht jemand gebrauchen kann oder ob ich das wegwerfen könnte.
Diesen emotionslosen Abgang will ich ihr nicht schenken und voralllem will ich nicht ihre Sachen runtertragen und dafür sorgen, dass sie weg kommen. Ich ließ ihr ausrichten, dass sie die Sachen hollen sollte, was sie damit macht ist mir egal, aber ich werde nicht ihren Abgang unterstützen.

So, nun kennt ihr die Geschichte, aber es gibt noch einen Nachtrag.
Ich fing an zu googlen und gab die Begriffe ein, die mir zu ihr einfielen und so landete ich bei Alexthymie. Nun war mir alles klar. Ich machte den Test (für sie aus meiner Sicht) und es schlug fast vollständig aus. Trauma in der Kindheit, etc eingeschlossen.

Ich kann ihr also nicht böse sein, für all die kränkenden Situationen, denn sie hat keinen Zugang zu sich und zu den Gefühlen anderer.

Meine Frage an einen Alexthymie betroffenen wäre. "Wird dieser Mensch in einem Augenblick sich gewahr das er liebt? Das er eigentlich weiß das er was tun müsste? Denkt er an den Zurückgebliebenen oder ist die neue grüne Wiese nun die richtige und die alte ist nicht mehr wahrnehmbar?"

Danke.

Einloggen