Thema: Tree of Life

Deutsches Alexithymie Forum > Betroffene und Angehörige

Tree of Life
19.02.2012 von kerem

Tree of Life
19.02.2012 von kerem

Hallo allerseits,

Bin neu hier und froh um das Forum. Ich bin momentan in einer kognitiven Verhaltenstherapie (durch Dr. Rufer vermittelt) aufgrund der Alexithymie, die bei mir diagnostiziert wurde (mittels TAS-20). Vor dieser Therapie hatte ich eine Email an Dr. M. Rufer geschrieben (der innerhalb der darauf folgenden Stunde antwortete!), die in etwa meine Situation zusammenfasst: [quote:l3g8hbkt]Ich wurde durch eine Freundin auf Sie aufmerksam gemacht. Ich denke, dass ich eine begründete Vermutung habe, bei mir selbst Alexithymie anzunehmen. Habe auch den Test auf alexithymie.com ausgefüllt und es seien starke Ausprägungen vorhanden. Doch wie aussagekräftig dieser Test im wissenschaftlichen Sinne ist, ist eine andere Frage.

Ich war schon einmal in einer Psychotherapie in Zürich, ausgelöst durch die Trennung von einer dreieinhalb jährigen Beziehung, von der ich heute weiss, dass meine damalige Freundin verzweifelt und komplett vergeblich versucht hatte, zu mir eine tiefere emotionale Verbindung aufzubauen.
Allerdings kannte ich damals den Begriff der Alexithymie nicht. Ich habe mich damals selbständig angemeldet und die Therapie dauerte ein Jahr an und wurde durch den Militärdienst unterbrochen. Jetzt bin ich ein Offizier im Grade des Leutnants und werde noch bis 5. August [2011] im Dienst sein. Nächstes Semester beginnt mein Master Studium in Mathematik an der Uni ZH.

Was meine Kindheit angeht, könnte ich folgende Zusammenfassung anbieten:
Mein Vater hat prinzipiell nicht viel mehr getan, als bei der Familie zu übernachten, und meine Mutter war dauerhaft leicht depressiv. Noch heute liest sie Bücher wie etwa "Wie werde ich zu einem guten Freund von mir selbst?" Mein eher leistungsorientierter Vater war oft jähzornig und kaum berechenbar in seinen Ausbrüchen. Ständig das Gefühl, beim kleinsten Fehler gleich alles falsch gemacht zu haben. Für triviale Angelegenheiten wurde ich emotional völlig klein gemacht. Mein Vater hatte uns alle auch oft angeschrien. Meine Schwester hatte während der Pubertät versucht, von Zuhause wegzugehen. Ich habe eine WG-Erfahrung von etwa zwei Jahren während des Mathe-Studiums gemacht und kann sagen, dass das Familienleben den Charakter einer Wohngemeinschaft hatte. Über Probleme und Sorgen sprechen wir in der gefühlsarmen Familie selten, praktisch nie. Meine Mutter und mein Vater leben aneinander vorbei und sprechen meist über Fakten, kaum über Gefühle. Der Film "Tree of Life", hat mich sehr angesprochen - vor allem das Dilemma als Kind, zwei unterschiedliche Erziehungsrichtungen "geniessen" zu dürfen.

Nach dem Militärdienst möchte ich mit der Therapie fortfahren, würde aber gerne eine Therapieform bevorzugen, die prüft und feststellt, ob ich wirklich alexithym bin, und die auf Alexithymie ausgerichtet ist - ob Verhaltenstherapie oder eine andere Form nötig ist. Aus diesem Grund schreibe ich Sie an, da ich hoffe und Sie höflichst darum bitten möchte, dass Sie mir weiterhelfen können und mich evtl. an die richtige Psychotherapeutin oder den richtigen Psychotherapeuten verweisen könnten. Oder wären da eher Psychologen die richtigen Ansprechpersonen?

Ich würde mich über eine Antwort freuen und danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, diese Email zu lesen.
[/quote:l3g8hbkt]Ich denke, das sollte für den Anfang mal ausreichen.

Schön, dass es dieses Forum gibt. :)

Liebe Grüsse,
Kerem

Re: Tree of Life
12.03.2012 von Elana

Hallo Kerem

Schön, Dich hier zu lesen. Dein Text klingt für mich sehr vernünftig und sachlich, also ziemlich mein eigener Schreibstil. Von erster gutachterlicher Seite her wurde mir eine Alexithymie (und eine anankastische Persönlichkeitsstörung) diagnostiziert, allerdings hat das ein anderer Gutachter wieder relativiert, die Alexithymie-Merkmale seien bei mir eher auf meinen anankastischen PersönlichkeitsSTIL zurückzuführen. Ich kontrolliere meine Gefühle nur gut, habe sie aber dennoch, so wie er mich kennengelernt habe. Aufgrund meiner belastenden Biographie ist es sogar so, dass bei mir nicht wirklich eine Störung vorhanden sei, sondern nur ein PersönlichkeitsSTIL, also noch im gesunden Maße.

Du siehst also, es lohnt sich, mehrere gutachterliche Ansichten einzuholen und öfter hinzugehen.

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